Neue Konkurrenz macht nur die wenigsten Unternehmer glücklich…
Lassen Sie uns mit einer abgegriffenen Floskel beginnen: „Konkurrenz belebt das Geschäft“ heißt es immer wieder. Lassen wir das auf uns wirken.
Nun? Nur die wenigsten Unternehmer und vermutlich nur die allerwenigsten Buchhändler unter diesen Unternehmern (eine Systematisierung von Unternehmertypen haben wir hier zusammengestellt) werden diesem Sinnspruch besonders viel abgewinnen können. Die Belebung durch Konkurrenz entfaltet ihre Wirkung wohl eher auf der volkswirtschaftlichen denn auf der betriebswirtschaftlichen Ebene – für den Unternehmer vor Ort ergeben sich aus wachsender Konkurrenz wohl weniger Chancen als vielmehr zahlreiche Risiken.
Für den stationären Buchhändler sind die Risiken immer virulent: Auf der einen Seite finden sich kaum unabhängige Nachfolger für Buchhandlungen insbesondere in Mittelstädten oder B-Lagen: Eine Geschäftsübernahme wäre für den Nachfolger mit großen Investitionen und entsprechenden Risiken behaftet, deshalb schrecken viele potenzielle Käufer vernünftigerweise zurück.
Auf der anderen Seite stehen Filialisten mit erheblichen Mitteln bereit in die Bresche zu springen. Sie unterbreiten entsprechende Angebote an die Verkäufer im Wissen um deren Lage und Verhandlungsposition: Die Filialisten sehen zwar die gleichen Risiken wie die abgesprungenen Käufer, sind aber besser dafür gerüstet, diese Risiken auch tatsächlich einzugehen und auszustehen; sie begreifen den Kauf – ebenfalls vernünftigerweise – als Chance. Und im Zweifel kann der Filialist nach eventueller Geschäftsaufgabe eines stationären Buchhändlers auch schlichtweg am gleichen Standort in anderer, vielleicht auch besserer, Lage eröffnen. Dies wiederum ist eine Option, die einem unabhängigen Käufer ohne vergleichbaren ökonomischen Hintergrund wie dem Filialisten von vornherein verschlossen bleibt. Von anderen, finanziell noch weitaus potenteren Konkurrenten soll an dieser Stelle gar nicht die Rede sein…
Aus der Herausforderung resultiert Entwicklung und Fortschritt
So oder so: Für die am Standort verbleibenden Buchhändler (einen oder zwei, vielleicht sogar drei) sieht es einigermaßen düster aus, jedenfalls düsterer als zuvor. Warum? Weil neue Konkurrenz da ist, diese eine modifizierte, vor allem gegen die bereits etablierten Buchhändler zielende Strategie fahren kann, außerdem über große Ressourcen und i.d.R. sehr gute Einkaufskonditionen verfügt. Nicht zuletzt ist dieses Szenario für den Neuankömmling eben doch nichts Neues, sondern lediglich „Neuland“ für die Alteingesessenen. Eine gefährliche Situation, da gibt es nichts zu beschönigen.
Aber warum führe ich Sie als Leser in dieses bekannte Jammertal? Weil Sie sich vermutlich fragen, was man in einer solchen Situation am besten tut – oder lässt. Und darum geht es hier schließlich.
Entscheidend ist eine Strategie. Die erste Frage lautet deshalb immer: Welche konkreten Ziele habe ich als Unternehmer? Hinzu kommt die ergänzende Frage, wie Sie im Unternehmen diese Ziele definieren und erreichen können? Je nach Unternehmensstruktur kann der Weg zu diesem Ziel völlig anders aussehen. Im letzten Schritt stellt sich die Frage, wie ein Unternehmen die strategisch notwendigen Schritte zum Ziel möglichst ressourceneffizient meistern kann? Das bedeutet konkret:
- Zur Planung brauchen Sie unternehmerische Ziele.
- Für die Erreichung dieser Ziele brauchen Sie eine bestmögliche Strategie.
- Zur Realisierung dieser Strategie brauchen Sie passende Einzelmaßnahmen.
Der gordische Knoten des Buchhandels
Genau hier liegt der gordische Knoten, den Ihnen ein qualifizierter externer Berater durchschlagen kann. Da Ihre Leistungsfähigkeit begrenzt ist, genauso wie Ihre Perspektive auf Ihr Unternehmen unvollständig ist; weil eben keine Buchhandlung der Welt über unendliche zeitliche wie auch finanzielle Ressourcen verfügt, dürfen Sie bei der Beantwortung der o.g. Fragen nicht den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Sie dürfen keinesfalls schwierige, mehrdimensionale Fragen wie die nach „strategisch notwendigen Schritten“ ersetzen durch einfache, eindimensionale Fragen wie: „Was hätte ich in der Vergangenheit anders machen sollen?“ Der nachvollziehbare Impuls, ein komplexes, drängendes – vielleicht sogar existenzbedrohendes – Problem möglichst schnell und vermeintlich nachhaltig lösen zu wollen ist tödlich. Er führt ohne entsprechende Außenexpertise ganz zwangsläufig zu vereinfachten, dabei aber nicht tragfähigen Lösungsstrategien.
Die enorme Herausforderung auf der einen Seite provoziert die Aktivierung vollkommen unpassender Denkmuster und -schemata auf der anderen Seite. Blinder Aktionismus tarnt sich hier unter dem Deckmantel zielgerichteter Unternehmensführung. Eine gefährliche Situation wird damit keinesfalls entschärft, ganz im Gegenteil sogar verschärft.
„Es schadet nichts, wenn Starke sich verstärken.“
Ein versierter Berater hilft Ihnen bei dem, was Sie bei allem Einsatz selbst nicht schaffen können. Er ist nicht betroffen, er ist nicht emotional involviert. Das ist seine größte Stärke – obwohl ihm genau das immer als größte Schwäche ausgelegt wird, leidlich simpel codiert und variiert in Anmerkungen wie „Sie kennen unsere Geschäftsabläufe nicht so wie wir“, „Für Sie hängt auch nichts dran“ und ähnliches (Detailliertes finden Sie hier). Ausgangspunkt für eine externe Beratungsdienstleistung für Buchhandlungen ist dabei keineswegs eine übergeordnete Position eines externen Consultants, sondern die banale Feststellung, dass beide Parteien über ein jeweils völlig anderes Spektrum an Fähigkeiten, Fertigkeiten, Herangehens- und Betrachtungsweisen verfügen. Denn wie heißt es so schön: „Es schadet nichts, wenn Starke sich verstärken.“
Hinzu kommt – in aller Kürze skizziert – eine insbesondere im stationären Buchhandel verbreitete organisatorische Besonderheit, die den Firmen über ihr historisches Wachstum in ihre gegenwärtige Struktur eingeschrieben ist: Der Eigentümer übernimmt üblicherweise mehrere, sich teils widersprechende Rollen gleichzeitig. Er handelt im Geschäftsalltag als Fachkraft (bspw. berät er Kunden), darüber Hinausgehendes wird in seiner Rolle als Manager ausgeführt (er gestaltet Schichtpläne etc.) – und im Angesicht neuer, weitreichender Herausforderungen durch Konkurrenz und Disruption wäre er in seiner Rolle als Unternehmer gefragt und müsste Manager und Fachkräfte gemäß seiner strategischen Planung bestmöglich einsetzen. Im Sinne begrenzter Ressourcen und kaum zu vereinbarender Bedürfnisse sowie Perspektiven auf das Unternehmen „Buchhandlung“ kann – und darf! – der Eigentümer allerdings nicht Fachkraft, Manager und Unternehmer gleichzeitig sein.
Warum sage ich das so vermeintlich negativ?
Das sage ich nicht, weil ein Unternehmer keinen Kunden beraten, keinen Schichtplan erstellen oder kein Altpapier entsorgen könnte – sondern weil das schlichtweg nicht die Aufgaben des Unternehmers sind. Es mag ihm Spaß machen Kunden zu beraten, den Schichtplan möglichst sozialverträglich zu gestalten oder sogar den Müll zu entsorgen! Aber seine Aufgaben liegen an anderer Stelle. Nämlich in der Schaffung der passenden Rahmenbedingungen und einer darauf aufbauenden Strategie… Damit auch morgen und übermorgen, trotz Konkurrenz und Disruption, noch Kunden kommen, die von zufriedenen Mitarbeitern in vernünftig eingeteilten Schichten kompetent beraten werden, die Bücher kaufen und lesen – zur Not kann er dann auch den Papiermüll selbst entsorgen.
Lassen Sie mich ehrlich sein: Das ist eine Mammutaufgabe, an der viele Unternehmer, auch Buchhändler, auf lange Sicht scheitern. Das ist der Lauf der Dinge, das liegt in der Natur der Sache. Die Volkwirtschaft betrachtet keine Einzelschicksale, sondern letztlich die Gesamtheit der Wirtschaftsunternehmen. Selbst wenn es wie eine abgedroschene Phrase klingt: Es stimmt, „Konkurrenz belebt das Geschäft“, eben weil sie – im Idealfall – eine Neujustierung der eigenen Prämissen und Ziele, weil sie eine kritische Auseinandersetzung mit eigenen Prozessen und weil sie letztlich auch eine Marktkonsolidierung provoziert. Diejenigen, die bereits bestreiten, dass mit neuer Konkurrenz auch neue Herausforderungen einhergehen werden kläglich scheitern; diejenigen, die die Herausforderungen angehen, haben wenigstens eine Chance.
Dieser Beitrag erschien in leicht abgeänderter Form auch im BuchMarkt Magazin Ausgabe 3/2020.
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